„Kompromissmaschine Brüssel – Es lohnt sich nicht mehr sich zu bekriegen.“

„Nur die Eintracht stärkt die Europäer.“ So die Botschaft des Eröffnungsreferats des Schweizer Publizisten Roger de Weck beim gestrigen NZZ Podium Europa im Wiener Museumsquartier.

Wien – Durchaus hochkarätige Gäste trafen sich gestern zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Europa und Europäische Union. Die Neue Zürcher Zeitung bat mit Evelyn Regner (Delegationsleiterin Europa-SPÖ) und Othmar Karas (Spitzenkandidat EU-Wahl ÖVP) zwei sehr erfahrene EU-Politiker auf die Bühne. Komplettiert wurde das Quartett von Timothy Snyder (Historiker an der Yale University) und Wolfgang Eder (Vorstandvorsitzender der Voestalpine AG).

In einer sehr ruhigen und sachlichen Diskussion wurde über große Themen unserer Zeit gesprochen, „Megatrends“, wie Othmar Karas mehrmals betonte. Es ging dabei vor allem um den technischen Fortschritt und die Konkurrenz aus China, Indien und Singapur. Wolfgang Eder forderte von der EU, ein Mutigeres auftreten. Man würde sich selbst kleiner machen als man ist und den Konkurrenten jene Argumente liefern, die europäischen Unternehmen den Wettbewerb erschweren. Evelyn Regner zog den Vergleich mit Flugzeugessen, Entscheidungen aus Brüssel und Straßburg „schmecken oft nicht sehr gut, aber nähren am Ende doch.“

Einig war man sich darüber, dass die Europäische Union an sich ein richtiges und wichtiges Projekt ist. „Ein Projekt für den Frieden, gegen Imperial Staaten und für die Entwicklung Europas“, so Snyder. Bei der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Verordnungen und Regelungen aus Brüssel, war man sich nicht ganz so einig. Eder etwa meinte, man müsse endlich beginnen zwischen notwendiger und verzichtbarer Bürokratie zu unterscheiden. Regner und Karas entgegneten beide, dass man laufend nicht mehr zeitgemäße Verordnungen streichen würde und am europäischen Projekt arbeite. Man habe im letzten Jahr 170 Richtlinien gestrichen, um die Bürokratiekosten zu regulieren, so Karas.

„Wir haben eine Spirale der Schuldzuweisungen, anstatt der Freude am bereits Erreichten.“

Gegen Ende der Diskussion wurde einmal mehr der Zusammenhalt in der EU beschworen und vor extremen in jeglicher Richtung gewarnt. Evelyn Regner betonte etwa, dass „der raumgreifende Neoliberalismus“ dem europäischen Projekt schade, und Unsicherheit schaffe. Karas forderte von der „Mehrheit in der politischen Mitte“, sich nicht „den Weg von den Rändern vorgeben zu lassen.“ Roger de Weck bezeichnete Europa in einer kurzen Wortmeldung als „Kontinent des Zweifels“ – einen Teilerfolg sah er jedoch darin, dass „die Populisten den Austritt aus ihren Programmen streichen.“