„Wir wollen, dass Europa in den Herzen der Menschen ankommt und dass die Menschen stolz auf ihr Europa sind. Dass sie stolz sind, weil es ein solidarisches Europa ist.“, so Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer, zu Beginn der Podiumsdiskussion zur EU Wahl 2019.
Wien – Am 13. Mai fand im Bildungszentrum der Arbeiterkammer eine Podiumsdiskussion mit österreichischen Kandidaten für die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Über die Frage was Arbeitnehmer von einer Neuaufstellung der EU erwarten könnten, diskutierten Claudia Gamon (NEOS), Othmar Karas (ÖVP), Werner Kogler (Die Grünen), Evelyn Regner (SPÖ) und Robert Lugar (FPÖ). Nach einer Begrüßung durch Renate Anderl und Wolfgang Katzian, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, moderierte Raimund Löw die Diskussion.
Europa als Wohlfahrtsstaat
Der erste große Themenblock des Abends beschäftigte sich mit einer möglichen Sozialunion innerhalb Europas. Besonders unterstützt wurde diese Vision von Kogler und Regner, welche beide auch auf die Einhaltung der bisherigen Regeln pochten. Auch die NEOS-Kandidatin sieht eine Notwendigkeit in der Setzung von EU-weiten Mindeststandards, jedoch zusätzlich eine Verantwortung bei den einzelnen Nationen. Als Beispiel nannte sie die Möglichkeit einer EU-Sozialversicherungsnummer. Karas sprach sich ebenso für europäische Mindeststandards aus, jedoch nicht im Sinne einer Sozialunion. Für ihn bedeute dies „eine Vereinheitlichung der Standards“, was vermieden werden müsse. Vielmehr sei eine soziale Koordinierung zwischen den Staaten das Ziel. Als einziger Teilnehmer wandte sich der FPÖ-Vertreter Lugar direkt gegen die Sozialunion. Reiche Mitgliedsländer dürften nicht für die Fehler anderer Staaten zahlen. Diese sollten lieber „eine ordentliche Regierung wählen“.
Widerspruch kam vor allem vonseiten der Grünen. Kogler erklärte, dass verbindliche Standards nicht bedeuten, dass es überall die Gleichen gebe. Vielmehr hänge dies von der Wirtschaftsleistung der einzelnen Länder ab. Auch die SPÖ-Kandidatin verteidigte die Idee der Sozialunion mit den Worten „Europa wird sozial sein!“.
Steuerfrage als Grund für Mehrheitsentscheidung
Im zweiten großen Themenblock sprach der Moderator die Teilnehmer konkret auf ihre Vorstellungen bezüglich der europäischen Steuerpolitik an. Es wurde schnell klar, dass alle Parteien die derzeitige Lage als unannehmbar betrachteten. Dennoch gab es auch deutliche Trennungslinien zwischen den einzelnen Standpunkten. So sprach sich Gamon für einen Wettbewerb auf gleicher Ausgangsbasis aus und Karas betonte die Wichtigkeit von gemeinsamen Bemessungsgrundlagen der Steuerpolitik. Kogler setzte bewusst einen Unterschied zu NEOS, da seine Partei ebenso Mindeststeuersätze für Unternehmen fordere, jedoch deutlich höher zwischen 20 % und 30 %. Regner sprach sich für eine Beendigung des Steuerwettbewerbs aus, da alle Staaten dabei Verlierer seien.
Alle Parteien äußerten sich im Zusammenhang mit der Steuerfrage auch über die vieldiskutierte Abschaffung der Einstimmigkeit. NEOS, die Grünen und die SPÖ forderten diesbezüglich das Mehrheitsprinzip. „Wer für Einstimmigkeit ist, ist gegen die Handlungsfähigkeit der EU!“, erklärte auch Karas. Selbst der FPÖ-Vertreter Lugar musste zustimmen, dass er zwar gegen Mehrheitsentscheide sei, diese jedoch in der Steuerpolitik sinnvoll seien. Auf ein klares „Dafür“ oder „Dagegen“ wollte er sich jedoch nicht festlegen lassen.
Trotz aller Differenzen zwischen den Teilnehmern gelang es dem Moderator Raimund Löw eine ordentliche Diskussionsatmosphäre zu schaffen. Die am Ende gestellten Zuschauerfragen sorgten noch für intensive Nachgespräche unter den Besuchern bei Schnittchen und Getränken. Die Arbeiterkammer Wien und der Österreichische Gewerkschaftsbund hoffen nun, dass viele Menschen an der EU-Wahl teilnehmen und sich für die Entwicklung eines sozialeren Europas einsetzen.