Letzte Chance für Liste Jetzt?

Die für Herbst 2019 angesetzten Neuwahlen verkürzen die fixe Zeit im Parlament für die Liste Jetzt enorm. Ein Problem für eine Partei, die nach großen Startschwierigkeiten ihr Profil bisher immer noch nicht genug schärfen konnte. Eine Einschätzung.

Europawahl als Checkpoint

Ob die Initiative 1Europa ohne Plakate und mit nur 250.000 Euro Wahlkampfbudget den Sprung ins EU-Parlament schafft, ist unsicher. Aktuelle Umfragen zeichnen kein gutes Bild und schreiben 1Europa weit weniger EU-Wählerstimmen zu als die vorraussichtlich-erforderlichen knappen 5%. Mit erfolgreichem Einzug der unterstützten Liste nach Straßburg könnte die Jetzt-Partei den WählerInnen aber Vitalität und Lebenswillen beweisen.

Denn: Die Initiative 1Europa (am Wahlzettel: EUROPA Jetzt – Initiative Johannes Voggenhuber) und ihr Spitzenkandidat sind zwar parteiunabhängig. Sie werden jedoch von der Liste Jetzt unterstützt. Diese Unterscheidung ist eine wichtige, wird im Wahlkampf aber kaum wahrgenommen. Auf den Listenplätze nach Voggenhuber finden sich zwar vereinzelt Jetzt-Mitglieder aus den Bundesländern, ihre Chancen auf einen Sitz in Straßburg sind aber minimal.

Sicher ist, bis Herbst 2019 muss die Liste Jetzt klare Signale und Wahlgründe liefern, die sie von der restlichen Opposition unterscheiden. Wie die Liste mit der Initiative bei den WählerInnen ankommt, kann zwischenzeitig die EU-Wahl zeigen.

Aus alt mach neu

Die Liste Jetzt setzt auf Johannes Voggenhuber als Spitzenkandidaten und geht mit sieben weiteren Listenplätzen unter dem Namen 1Europa in die EU-Wahl. Gleich wie der Jetzt-Parteigründer Peter Pilz ist Voggenhuber ehemaliges Mitglied der Grünen. Für die saß er bereits von 1995 bis 2009 im EU-Parlament. Mit einem Manifest für ein geeintes, starkes Europa und gegen den Rechtspopulismus will er wieder nach Straßburg. „Ich bleibe in Zeiten, wo alte Dämonen wieder aufziehen, nicht zu Hause“, so Voggenhuber.

Mit ihm setzt man auf einen Kandidaten, der Erfahrung, Expertise und Weisheit suggerieren soll. Das funktioniert zwar, wirkt an manchen Stellen aber ein bisschen belehrend und besserwisserisch. Und er ist kein Getriebener, niemand, der sich hetzen lässt. Durchaus positive Eigenschaften. Mehr Dynamik und Kampfgeist stünden dem Spitzenkandidaten aber gut zu Gesicht. Vielen Neu- und JungwählerInnen dürfte Voggenhuber und seine bisherige Laufbahn außerdem nicht bekannt gewesen sein. Auf eine gewisse Art ist er also doch ein „neuer“ Kandidat. Die inhaltliche Nähe zu den Grünen, die keinen Hehl daraus machen, was diese Wahl für sie bedeutet, ist ebenfalls als Nachteil zu werten.

Ein holpriger Start

Die relativ junge Partei wurde vom ehemaligen Grünen Peter Pilz kurz vor der Nationalratswahl 2017 gegründet. Den Sprung über die 4%-Hürde geschafft, hatte die Partei dennoch enorme Startschwierigkeiten. Vorwürfe der sexuellen Belästigungen zwangen Peter Pilz seinen Parlamentssitz zumindest zeitweise zu räumen, interne Streits führten zur Mandatsniederlegungen und Parteiaustritten. Die zwischenzeitige Namensänderung und Präsentation eines Parteiprogramms sollten den Beginn eines neuen Abschnitts darstellen.