Falschmeldungen bei der Europawahl?

Diskussion an der FHWien am 23. Mai 2019 v.l.n.r. Michel Reimon, Rubina Möhring, Florian Skrabal.

Wien – Am 23. Mai fand in der Fachhochschule Wien für Management & Kommunikation eine Diskussion über Falschmeldungen im Zuge der Europawahl, die Wahrnehmung der Europäischen Union und mediale Berichterstattung statt. Die Moderation übernahm dabei Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich. Sie stellte den Teilnehmern Florian Skrabal, Chefredakteur des Dossier, und Michel Reimon, Abgeordneter der Grünen im europäischen Parlament, immer wieder Fragen zu dem Thema.

„Es gibt keine europäische Öffentlichkeit in dem Sinne.“

Zu Beginn der Diskussion wurde über die allgemeine Wahrnehmung der Europäischen Union durch Politiker gesprochen. Viele hätten in Brüssel auf einmal einen anderen Blick auf die EU als im eigenen Heimatland. „Man muss hierfür die Logik von Politikern verstehen.“ erklärte Michel Reimon. Die Union gelte für Menschen, die stark in ihren Parteien sind als unattraktiver Posten. Dies liege vor allem an der geringen Macht und großen Distanz zwischen der Brüsseler- und der heimatlichen Politbühne.

Aufgrund der unterschiedlichen öffentlichen Diskurse falle auch die Wahrnehmung durch die europäischen Bürger sehr unterschiedlich aus. Während im deutschsprachigen Raum die Urheberrechtsreform heftig diskutiert wurde, erörterten Bulgaren und Rumänen intensiv die neuen Richtlinien zur kurzzeitigen Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland. Von dieser hatten die anderen 26 Mitgliedsstaaten hingegen nichts mitbekommen. „Es gibt keine europäische Öffentlichkeit in dem Sinne.“ schloss Reimon. „Einige zeigen mit dem Finger nach Brüssel. Es ist ein abstrakter Feind für innenpolitische Maßnahmen“ ergänzt Florian Skrabal.

„Es ist eine Generationsfrage.“

Alles, was es schon gab, als du geboren wurdest, ist ganz normal. Alles, was bis zu deinem 30. Lebensjahr erfunden wird, ist unglaublich aufregend und mit etwas Glück kannst du deine Karriere darauf aufbauen. Alles, was danach erfunden wird, widerspricht der natürlichen Ordnung und bedeutet das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen.

Michel Reimon frei nach Douglas Adams – „Lachs im Zweifel“

Für den Abgeordneten ist das Douglas Adams Zitat Sinnbild für die Situation. Für junge Leute sind die durchgesetzten Regelungen wie der Euro, die offenen Grenzen und das freie Roaming selbstverständlich. Hingegen sei jeder dieser Schritte für Menschen im Pensionsalter gegen die natürliche Ordnung. „Plötzlich geht die Welt bis zum Ural.“ Aus diesem Grund würden auch Falschmeldungen besser aufgenommen werden.

„Gerade im Wahlkampf fehlt die Verantwortung.“

Im weiteren Verlauf der Diskussion kommen die Teilnehmer auf die kursierenden Falschmeldungen und ungenauen Aussagen zu sprechen. Hier erklärt Reimon zunächst seine Vorstellung von zwei Ebenen an Fake News. Die erste seien Netzwerke von bewusst Fake News produzierenden Plattformen auf Social Media. Auf der zweiten Ebene lassen „Nicht-Extreme“ Falschmeldungen gezielt an die Öffentlichkeit gelangen. Hier würde Framing, also die unterschiedliche Formulierung einer Botschaft zur Beeinflussung des Empfängers, betrieben. Als Beispiel nennt er die Pommesverordnung, welche auch Krebsverordnung genannt werden könnte.

Auch die berühmten „1.000 EU-Verordnungen“ von Kanzler Kurz gehören dazu. So würde beispielsweise eine De-Regulierung der Traktorsitz-Verordnung die Schaffung von 28 neuen Regulierungen bedeuten. „Ein österreichischer Bauer kann dann nicht mehr einfach einem slowenischen Kollegen seinen Traktor verkaufen.“ Skrabal erläuterte weiterhin, dass es Politikern leichter falle irgendein Faktum ohne Quellen in den Raum zu werfen. Diese könnten „es einfach sagen und genießen Immunität“ während Journalisten verklagt würden. „Gerade im Wahlkampf fehlt die Verantwortung.“