„Es war ein Atomangriff.“

Wien – Am 24. Mai fand am Viktor-Adler-Markt das EU-Wahlkampffinale der FPÖ statt. Mit Herbert Kickl, Harald Vilimsky und Nobert Hofer war die (neue) Spitze der Partei anwesend. Entgegen dem Veranstaltungstitel wurde an diesem Tag aber kein Wahlkampf beendet. Es wirkt, als fange man gerade erst damit an. Der Slogan „Jetzt erst recht“ ist eben nicht nur Slogan. Es ist ein Versprechen an die WählerInnen und eine Ansage an die anderen Parteien.

Freiheitliches Volksfest

Wo man nur hinsieht, überall rot-weiß-rote Papierfahnen und Warnwesten mit der Aufschrift „Mehr Österreich, weniger EU“. Keine anderen Symbole verkörpern die Stimmung und Inhalte des Nachmittags besser. Durchgehend für Österreich und gegen die EU. Und: Gegen alle anderen Parteien. Mit den Worten „Er war der beste Innenminister der 2. Republik, doch dann hat das schwarze Machtkartell zugeschlagen…“ wird Herbert Kickl auf die Bühne geholt. Von Beginn an merkt man, heute wird scharf geschossen.

Ein Fähnchenmeer zu „Immer wieder Österreich“ der John Otti-Band.

Das kommt bei den anwesenden Personen überaus gut an. Wie soll es auch nicht, wenn zwischen den Reden von Dominik Nepp, Petra Steger, Herbert Kickl, Harald Vilimsky und Norbert Hofer die John Otti-Band die Menge immer wieder mit Klassikern aller Epochen anheizt?
Vom Radetzkymarsch bis hin zu „I need a Hero“ von Bonny Tyler (woraufhin jeweils Kickl, Vilimsky und Hofer auf der Bühne erscheinen) ist alles dabei.

Bei ausgelassener Stimmung werden vom Publikum immer wieder Sprechchöre angestimmt. Von „Haaarald…Haaarald…Haaarald“ im Rhythmus des „We will rock you“-Intros bis zum fordernden „Kurz muss weg“ und begeisterten „Herbert…Herbert…Herbert“ reagiert die Menge immer wieder neu auf die Redner und deren Ansagen. Natürlich nie ohne die kleinen Österreich-Flaggen aus Papier im passenden Rhythmus mitzuschwingen. Je besser die Aussagen der Redner ankommen, desto schneller flatten die Papierflaggen in der Menge. Sie werden nur für Getränke oder Bratwürste weggesteckt.

Sonnentage und Regentage

Kurz vor 17:30 ist es dann soweit: Nach der Parteihymne „Immer wieder Österreich“, wo einmal mehr die Fähnchen, dieses Mal aber mit mehr Gefühl (vornehmlich Stolz) geschwungen werden, kommt EU-Spitzenkandidat Vilimsky auf die Bühne. Harte Ansagen ist man von ihm bereits gewohnt. An diesem Tag ist das nicht anders. Nach einem Selfie mit dem Publikum, das „die anderen [Parteien] das fürchten lehren soll“, beginnt er bildlich und nicht weniger dramatisch:

„Schauts, jeder hat im Leben Sonnentage und Regentage. Wir haben viele, viele Sonnentage gehabt und in der vergangenen Woche waren das für uns nicht nur meteorologisch, wo es die ganze Woche hindurch geregnet hat, Regentage. Es war für uns politisch ein Sturm, ein Gewitter, es war ein Atomangriff.“

Harald Vilimksy

Von der Beteiligung seiner Parteimitglieder am Ibiza-Video hört man hingegen nichts. Stattdessen beginnt er bekannt offensiv politische Gegner und Journalisten zu thematisieren. Jean-Claude Juncker bezeichnet er als Jean-Claude „Trunker“, bevor er dessen „hin und hertorkelnde“ Repräsentation des Kontinents als „Schande“ bezeichnet. Othmar Karas wird als „EU-Pfarrer“ betitelt und von Armin Wolf sei er in der ZIB2 mit manipulativem Bildausschnitt in eine Falle gelockt worden. Bis auf den Aufruf, am Sonntag dem 26. Mai das Kreuz bei der FPÖ zu machen, hat es wenig mit der EU-Wahl zu tun. Hier wird schon merklich Stimmung für die Neuwahlen im Herbst 2019 gemacht.

Passend dazu kommt kurz darauf Norbert Hofer auf die Bühne. Der freiheitliche Mann der Stunde ersetzt den ursprünglich angekündigten HC Strache. Das wahrscheinlich nicht nur auf dieser Veranstaltung, sondern auch als Spitzenkandidat für die nächste Wahl. Hofer wirkt dabei wie das Gegenstück zu Vilimsky und bleibt ruhiger, jedoch nicht, ohne ebenfalls auf eine Wir-gegen-die-anderen- bzw. Alle-gegen-uns-Rhetorik zu setzen. Diese ist man noch aus Oppositionszeiten vor der zuletzt schwarz-blauen Regierung gewohnt.

Norbert Hofer bei seiner Rede.

Bon Voyage nach Ibiza

Ein paar hundert Meter von der Bühne der FPÖ entfernt gibt es einen antifaschistischen Gegenprotest von der Linkswende. Dieser ist polizeilich abgetrennt und zumindest um 18:00, dem Redebeginn Norbert Hofers, nur mehr spärlich besucht. Zwar kommt die Gegenkundgebung bei etlichen ZivilistInnen gut an, die sich daraufhin dazustellen und die Sprechhöre wie „Ab nach Ibiza!“ mitrufen. Bei der FPÖ-Veranstaltung bekommt man von den Reiseempfehlungen aber nichts mit. Dort konzentriert man sich stattdessen lautstark aufs eigene Land und den vermeintlichen „Atomangriff“.