Politik goes Schule: Zwischen politischen Standpunkten und Schülermeinungen

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion im Bundesrealgymnasium Maria Enzersdorf diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Großparteien anlässlich der anstehenden Europawahl über auf EU-Ebene relevante politische Standpunkte. Im Fokus der Diskussion standen Themen wie Neutralität, die Auswirkungen der US-Wahlen, Klimaneutralität, Flüchtlingspolitik und das Bildungssystem.

Neutralität und Außenpolitik

Die Vertreterin der NEOS Eleonore Gudmundsson betont gleich zu Beginn, dass Neutralität aktiv gestaltet werden müsse und wirtschaftliche Unabhängigkeit von russischem Gas und Öl angestrebt werden solle. Dabei hebt sie hervor: „Frieden kommt nicht alleine, das sollte Ziel der Neutralitätspolitik sein.“ Die ÖVP, hier repräsentiert durch Anthony Gründsteidl, hingegen vertritt die Ansicht, dass Österreich militärisch keine Chance gegen Großmächte habe. Trotzdem könne Österreich durch seine Neutralität ein sicherer Platz für internationale Politik und europäische Angelegenheiten sein: „Österreich kann als Vermittler fungieren.“ FPÖ-Vertreter Michael Sommer unterstreicht dabei, dass Österreich alles für seine Sicherheit tun solle und als Verhandlungsstandort dienen könne.

Auswirkungen der US-Wahlen auf die EU

Julian Krismer von der SPÖ warnt vor Chaos und Korruption in den USA und einem unberechenbaren Präsidenten, der keine konstruktive Zusammenarbeit ermögliche. Er fordert eine größere Unabhängigkeit Europas von den USA. Gudmundsson äußert gleichzeitig Bedenken, dass Europa bei einer Wiederwahl Trumps keine Unterstützung mehr seitens der USA für die Ukraine erwarten könne. Sie spricht sich außerdem dafür aus, dass Europa seine Werte und wirtschaftliche Unabhängigkeit stärken müsse und, dass die USA weltpolitisch an Dominanz einbüßen solle. Grünsteidl von der ÖVP fordert mehr Innovation in Europa, während die FPÖ Trump als besseren Präsidenten als Biden ansieht, da Trump auch gute Maßnahmen ergriffen habe. Mit Innovation sei in diesem Sinne Neuerungen in der Politik gemeint. Letztlich entscheide jedoch das amerikanische Volk.

Klimaneutralität 2050 – Notwendige Schritte

Die SPÖ betont, dass Klimaneutralität ganz oben auf der Agenda stehe und nur gemeinsam erreicht werden könne: „Wenn wir da jetzt in Klimaschutzmaßnahmen investieren, dann haben wir nicht nur die Möglichkeit, in 25 Jahren klimaneutral zu sein, sondern auch die einzige Chance, wirtschaftlich überlebensfähig zu sein.“ Gudmundsson hob besonders die Förderung erneuerbarer Energien hervor und betont: „Wir haben einen gemeinsamen Feind und das ist die Erwärmung unseres Planeten.“ Die FPÖ hingegen lehnt den Green Deal ab und argumentiert, dass die Maßnahmen der Landwirtschaft schaden würden. Im Verbot von Verbrennerautos ab 2035 sieht Michael Sommer einen falschen Ansatz, der die Autoindustrie gefährde. Katrin Fallmann von den Grünen hingegen betont, dass die technologische Entwicklung von E-Autos nicht verschlafen werden dürfe.

Flüchtlingspolitik

Fallmann weist direkt auf die Bedeutung der Menschenrechte hin und fordert eine lösungsorientierte Asylpolitik: „Wir reden in Europa immer darüber, wie wir Flüchtlinge bekämpfen können, anstatt dass wir darüber reden, wie wir Fluchtursachen bekämpfen können.“ Krismer von der SPÖ verteidigt die universelle Gültigkeit der Menschenrechte und fordert geregelte Verfahren. Die ÖVP setze hingegen auf Lösungen im Bereich der Integrationspolitik, kritisiert jedoch die Zustände in Wien, wo viele Kinder kein Deutsch sprächen. Sommer fordert die konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber: „Wenn jemand kein Recht auf Asyl hat, muss er halt wieder zurück nach Hause.“

Bildungssystem

Auf die Frage, inwiefern man das österreichische Bildungssystem verbessern und überarbeiten sollte, gingen die Vertreter:innen aller Parteien auf unterschiedliche Punkte ein. Grünsteidl spricht sich für die Förderung individueller Stärken und einen Austausch mit Schulsystemen aus anderen Ländern aus. Fallmann fordert mehr politische Bildung und eine Steigerung der Medienkompetenz. Krismer plädiert für ein gerechteres Bildungssystem, in dem alle Kinder gleiche Chancen haben sollen. Einen anderen Ansatz verfolgt die FPÖ, sie setze auf mehr Entscheidungskraft für Direktoren und einen Ausbau der Schwerpunktschulen.

Resonanz der Schüler:innen und Gesamteindruck

Die Diskussionen wurden von den Schülerinnen und Schülern mit großem Interesse verfolgt. Viele schätzten die Gelegenheit, die Argumente der unterschiedlichen Parteien zu hören. Ein Schüler meinte: „Mir hat die Argumentation des Vertreters der ÖVP am meisten eingeleuchtet.“ Eine Schülerin fand es besonders hilfreich, die verschiedenen Parteivertreter argumentieren zu hören und kündigte an: „Ich werde auch zu Hause nochmal recherchieren.“ Hervorgehoben gehört hier auch noch der respektvolle Umgang der Parteivertreter:innen untereinander. Insgesamt war die Stimmung positiv, ob dies an den zwei entfallenen Unterrichtsstunden oder an der Argumentation der Parteivertreter lag, bleibt offen. Jedoch waren sich alle befragten Schüler und Schülerinnen sicher, dass sie ihre Stimme nutzen wollen, und dass die Diskussion bei vielen Schülern das politische Interesse geweckt hat.