Wahlkampf hautnah: Die Europawahl 2024 und die Perspektive von Studierenden

Eine Europaflagge hängt in einem Hörsaal
Eine Europaflagge hängt in einem Hörsaal

Am 9. Juni fand die Europawahl statt und in den Wochen und Monaten davor wurde intensiv Wahlkampf von allen antretenden Parteien geführt. Wir als Studierende haben diese Kampagnen im Zuge einer Lehrveranstaltung begleitet und hautnah darüber berichtet.

Das Konzept

Im Laufe der Lehrveranstaltung produzierten wir journalistische Inhalte über die Wahl, den Wahlkampf, die Parteien, deren Kandidat*innen und ihre Programme. Um die Texte interessant und originell zu gestalten, besuchten wir Pressekonferenzen und Wahlkampfveranstaltungen und führten Interviews. Auch wurden wir in der Uni von Gästen besucht, die uns in Form von Vorträgen einen näheren Einblick in die Funktionen der EU geben konnten. Diese Texte wurden anschließend von uns auf diesem Blog gepostet und in den sozialen Medien beworben. Während unseren Präsenzterminen lernten wir generell viel darüber, welcher Content auf Social Media gut funktioniert, wie man Hashtags und Algorithmen optimiert und wie man politische Berichterstattung richtig macht. Den einen fiel das Auf-Veranstaltungen-Gehen leichter, den anderen das journalistische Schreiben und so manchen die Social Media-Arbeit.

Insgesamt wurden 81 Beiträge verfasst, von denen 35 die antretenden Parteien und deren Spitzenkandidat*innen hervorhoben. Am häufigsten standen die NEOS und die SPÖ im Fokus. Am wenigsten wurde über die Kleinstparteien – also die KPÖ und die DNA – geschrieben. Auch wurden mehrere Umfragen geführt, die die aktuelle Meinungslage vor und nach der Europawahl widerspiegeln sollten. Das Fazit: Generelle Politikverdrossenheit in der Bevölkerung, vor der Wahl Gleichgültigkeit und nach der Wahl Bestürzung.

Die Europawahl

Sieben Parteien traten in Österreich zur Europawahl an und 56,3 % der Österreicher*innen nutzten ihr Stimmrecht und gingen wählen. Obwohl 56,3 % als nicht sonderlich hohe Wahlbeteiligung zählt, ist das für die Europawahl ganz normal. So gab es im Jahr 2019 mit 59,8 % eine Rekordwahlbeteiligung für die Europawahl, aber die vier Wahlzyklen davor stagnierten die Zahlen bei gut 45 %. Das kann daran liegen, dass die Europawahl im Gegensatz zu nationalen Wahlen weniger stark in den Medien präsent ist und sich viele Menschen nicht bewusst sind, wie wichtig ihre Stimme bei dieser Wahl ist. Durch Wähler*innenanalysen wird auch aufgezeigt, dass es vor allem Jugendliche und junge Erwachsene waren, die sich ihrer Stimme enthielten. Dies könnte an der generellen Politikverdrossenheit unter Jugendlichen liegen.

Eines der bedeutendsten Ergebnisse in der Europawahl ist die Positionierung der FPÖ als stimmenstärkste Partei Österreichs. Sie wurde erstmals seit 1945 bei einer bundesweiten Wahl zur stärksten Kraft gewählt. Die meisten der neu dazugewonnenen Stimmen erlangte die FPÖ von Nichtwähler*innen und ursprünglich ÖVP-Wählenden. Der große Verlierer bei der Wahl war die ÖVP, die fast 10% ihrer Stimmen von der letzten Europawahl verlor. Die Kleinstparteien KPÖ und DNA schafften es mit jeweils um die 2,8 % nicht über die 4 %-Hürde und können somit nicht in das Parlament einziehen. Für die Grünen war das Wahlergebnis ebenfalls relativ ernüchternd, mit 3,2 % Verlust dürfen sie nun nur mehr zwei statt drei Mandate stellen. Nach der Causa Schilling, die kurz vor der Wahl ihren medialen Auftritt prägte und die Grünen nicht gerade in ein gutes Licht rückte, können sie aber nicht allzu enttäuscht von den Ergebnissen sein.

Die Hauptthemen der Europawahl 2024 in Österreich waren der Green Deal, eine Initiative der Europäischen Kommission, die auf ein klimaneutrales Europa bis 2050 abzielt, ein gemeinsames Militär, vor allem in Bezug auf den andauernden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, und Migration, in der die FPÖ eine prägnante Rolle einnahm.

Reflexion und Ausblick auf die Zukunft

Als jemand, der 2019 bei der letzten Europawahl 18 Jahre alt war und sich nicht wirklich für europäische Politik interessiert hat, kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass sowohl ich als auch meine Mitstudierenden in dieser Übung mehr über die Europawahl gelernt haben und jetzt viel interessierter an europäischer Politik sind, als wir anfangs dachten. Auch wirkt das Europäische Parlament durch die intensive Auseinandersetzung mit den Parteien und diversen europarelevanten Thematiken weniger kompliziert und leichter greifbar. Auf Wahlveranstaltungen und Pressekonferenzen zu gehen und aktiv Leute mit einem journalistischen Auftrag ansprechen zu müssen, verursacht viel Nervenkitzel und ist eine Erfahrung, die jede*r angehende Journalist*in machen sollte.

Im Ausblick auf die Europawahl 2029 lässt sich noch nicht viel sagen. Unsere Zeit ist geprägt von Krisen, Krieg und Hass. Das spiegelt sich auch in der Politik wider. Ob sich daran in den nächsten Jahren etwas ändern wird, bleibt offen.