„So düster waren nicht mal die Umfragewerte“ – Wahlparty-Hopping in München

Gisela Sengl, Eva Lettenbauer, Andrea Wörle und Max Retzer auf der Wahlparty der Grünen

Vergangenen Sonntag fand neben Österreich auch in Deutschland die Europawahl statt. Aufgrund der unmittelbaren Nähe sind demnach auch diese Wahlergebnisse von Relevanz. Die Wahlparties bei unseren bayerischen Nachbarn ähnelten mehr oder weniger einer tatsächlichen Party. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit den Wahlparties der Grünen, der SPD und der Freien Wähler in München. Die AfD, die Linke, das Bündnis Sarah Wagenknecht und Volt haben keine Wahlparty in München veranstaltet. Die Wahlparties der CSU und der FDP wurden aufgrund von sehr ähnlichen Ergebnissen zu 2019 ausgelassen.

Wahlbeteiligung

Während die Wahlbeteiligung 2019 bei 61,4 % lag, wählten dieses Jahr 64,8 % in Deutschland. Damit wurde ein Höchstwert seit der Wiedervereinigung erreicht. Österreich hatte nur eine Wahlbeteiligung von 55,6 % und lag damit unter dem Wert der letzten Europawahl.

Erfolge und Misserfolge der Wahl

Die CDU/CSU (DE: 30 %, BY: 39,7 %), die AfD (DE: 15,9 %; BY: 12,6 %), die bayerischen Freien Wähler (DE: 2,7 %; BY: 6,8 %), Volt (DE: 2,6 %) und das neu gegründete Bündnis Sarah Wagenknecht (DE: 6,2 %; BY: 3,8 %) konnten sich über Gewinne freuen. Die FDP (DE: 5,2 %; BY: 3,9 %) blieb relativ stabil, während die Linke (DE: 2,7 %; BY: 1,4) sich in etwa halbierte. Die SPD (DE: 13,9 %, BY: 8,9 %) erhielt ihr schlechtestes bundesweites Wahlergebnis. Auch das Ergebnis der Grünen (DE: 11,9 %; BY: 11,8 %) ist im Vergleich zur letzten Europawahl in Deutschland um 8,6 % und in Bayern um 7,3 % gesunken. Weshalb sie wohl eher weniger in Partylaune waren.

Die Grünen in Trauerlaune

Der Wahlabend begann mit einem Besuch bei der Wahlparty der Grünen. Das Ampere, eine beliebte Münchner Event-Location, erstrahlte in grünem Licht und hieß einige Politiker*innen der Grünen bei sich willkommen. Dazu zählten unter anderem die bayerische Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze, Landesvorsitzende Gisela Sengl und Eva Lettenbauer sowie Europakandidat*innen Andrea Wörle und Max Retzer. Die zu Beginn uneingeschüchterte Stimmung, welche Gisela Sengl verbreitet hatte, kippte nach der ersten Prognose schnell. Aus „egal wie die Ergebnisse ausfallen, wir sind eine geile Partei” wurde „12,1 % sind besser als 12 %”. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch noch nicht bekannt, dass es letztendlich sogar nur 11,8 % in Bayern sein würden. Das gemeinsame Beobachten der ersten Hochrechnungen wurde immer wieder durch ein lautes Raunen oder Buh-Rufe gegen die AfD untermalt. Ebenso kam die Enttäuschung des Publikums durch Aussagen wie „Ich habe mit schlechten News gerechnet, aber nicht mit so schlechten” zum Ausdruck.

Blick auf den grünen Wahlkampf

Im Rahmen der Wahlparty wurde ein großes Dankeschön an alle ausgesprochen, die sich für Europa eingesetzt haben. An diejenigen, die für Europa brennen und für den Klimaschutz alles geben. Wörle und Retzer bedankten sich für die Unterstützung, betonten jedoch ebenfalls ihre Enttäuschung. Der Zuspruch, den die beiden im Wahlkampf erhielten, habe besseres erwarten lassen können. Des Weiteren wurden die zahlreichen Pubquizze erwähnt, die im Rahmen des Wahlkampfes stattgefunden hatten und möglicherweise zu einem besseren Ergebnis hätten führen sollen. Allerdings ist unklar, ob ein Quiz tatsächlich die optimale Strategie darstellt, um Wahlen zu gewinnen.

Die letzte Hoffnung

Die letzte Hoffnung bestand zum einen darin, dass zumindest in München die Grünen nach wie vor stärkste Fraktion seien. Außerdem hatte sich Sengl zu Beginn der Prognosen auch noch gefreut, in Bayern zumindest vor der AfD platziert zu sein. Beide Hoffnungen haben sich jedoch letztendlich nicht bestätigt. Nichtsdestotrotz warnte Fraktionsvorsitzende Schulze vor „vorschnellen Analysen”. Auch Max Retzer wies darauf hin, dass der Gegenwind noch nie so stark gewesen sei und demnach Zuversicht auf bessere Zeiten bestehen dürfe.

Rekordhaltige Misserfolge auch bei der SPD

Auch die SPD musste mit rekordhaltigen Misserfolgen kämpfen, was sich in ihrem schlechtesten bundesweiten Wahlergebnis aller Zeiten niederschlug. Florian von Brunn, der Vorsitzende der Bayern-SPD, sowie die bayerische SPD-Spitzenkandidatin Maria Noichl waren auf der Wahlparty im Café Magali im Erdgeschoss der Parteizentrale anwesend. Noichl ließ sich von den schlechten Ergebnissen jedoch nicht beirren. Ihr zufolge müsse die SPD ihre Themen nicht ändern, sondern lediglich besser erklären. Als älteste europäische Partei kämpfe man für ein Europa mit Mehrwert für alle. Diese hoffnungsvolle Stimmung hielt jedoch nicht an und machte einer relativ gedrückten Stimmung Platz. Die Abneigung gegen die AfD war ähnlich wie bei den Grünen deutlich spürbar. Als bekannt wurde, dass in Ostdeutschland über ein Viertel für die AfD gestimmt hatte, wurde dies auf dieser Wahlparty mit Raunen zur Kenntnis genommen.

Freie Wähler allein zu Haus

Die Freien Wähler hatten zwar mehr zu feiern als die bisher thematisierten Parteien, ihr Parteivorsitzender Hubert Aiwanger war allerdings nicht vor Ort in München. Er hielt sich stattdessen in Berlin auf, um dort seinem Ziel einer deutschlandweiten Partei näherzukommen. Die bisher nur in Bayern vertretene Partei strebt bei der nächsten Bundestagswahl den Sprung über die 5 %-Hürde an. Dazu müsste sie ihre bisherigen Stimmen fast verdoppeln. Die Europawahl war für die Freien Wähler ein Erfolg, da sie einen Sitz hinzugewinnen konnten. Betont wurde auch, dass die CSU einen Sitz verloren hatte, man ihnen also den Sitz weggenommen hatte. Diese Stichelei fiel insofern auf, als dass Parteien in der Vergangenheit oft gegenseitig ihre Stärke betonten. Auch sonst wurde mit Sticheleien gegen andere Parteien nicht gespart, insbesondere gegen die Grünen. Während Aiwanger in Berlin verweilte, wurden seine Aufgaben von Landtagsabgeordnetem Michael Piazolo und Generalsekretärin Susann Enders wahrgenommen. Die Veranstaltung fand im Augustiner Keller statt und zeichnete sich durch ihre altbayerische Atmosphäre und Hausmannskost aus. Die allgemeine Stimmung war sehr euphorisch, die Veranstaltung gut besucht und die Stimmung ausgelassen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Selbstbezeichnung als Volkspartei sowie die Vorstellung künftiger Vorhaben.

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