Standpunkt Europa: Wo steht Lopatka?

KI-generiertes Bild von zwei Politikern vor Europaflagge

Vergangenen Donnerstag fand im Café Landtmann der zweite Termin der Veranstaltungsreihe des BürgerInnen Forums, anlässlich der kommenden Europawahl, statt. Während die letzte Veranstaltung mit Lena Schilling (Grünen) schon zwei Tage bevor diese stattfand, restlos ausverkauft war, hätten sich an Reinhold Lopatkas Abend noch mehr Gäste im Landtmann einfinden können. Die Stimmung im Café Landtmann war eher eintönig, trotz Einladung der Familie Querfeld, den Betreibern des Cafés, fand sich nur für das Landtmann typisches Publikum ein. Ob so bürgernahe Politik geführt werden kann, wird sich zeigen.

An diesem Abend am Podium: Reinhold Lopatka, Spitzenkandidat der ÖVP, und als Pendant aus der Wirtschaft Silvia Angelo, Vorstandsmitglied der ÖBB Infra. Durch das Gespräch führte Christoph Kotanko, Wien Korrespondent der Oberösterreichischen Nachrichten.

Politik im Kaffeehaus

Gleich zu Beginn des Abends betonte Othmar Karas, Initiator des BürgerInnen Forums, die Wichtigkeit, politische Diskussionen gemeinsam im Kaffeehaus zu führen. Er sieht Politik im Kaffeehaus als Tradition und als Beispiel, wie Politik gemeinsam mit, und nicht über den BürgerInnen geführt werden kann.

Nach gewohnter Danksagung führte Karas zur Einleitung in die Diskussion die seiner Meinung nach wichtigsten Punkte des diesjährigen Wahlkampfes an. Karas betonte, wie wichtig die Unabhängigkeit Europas von China und den USA ist. Insbesondere sieht er hier die Entwicklungen von grünen Technologien als zentral. Denn den Green Deal und steigende die Ökonomie sieht Karas nicht als Konkurrenten, sondern als gemeinsamen Weg ins Ziel. Weiters betonte er die Wettbewerbsfähigkeit und den Ausbau des Binnenmarkts. Beides Aufgaben der Europäischen Netze, womit das Wort an Angelo übergeben wurde.

Der Bundesbahn-Blues

Angelo sieht Europa als alten Kontinent mit viel Geschichte und Tradition, der jetzt an Fahrt und Geschwindigkeit aufnehmen muss. Bei den dafür benötigten Technologien, sieht Angelo Europa an der Spitze, wichtig sei es nun die Bahn weiter zu europäisieren. Außerdem muss der Verkehr von der Straße auf die Schienen verlegt werden, das klappe in der Schweiz schon wesentlich besser. Hiervon kann Angelo ihren Worten zufolge den Bundesbahn-Blues singen.

Eine Gewerkschaft hält sich ihre Bahn

Hier klinkte sich Lopatka ins Gespräch ein. Nach einem nahezu überschwänglichen Lob gegenüber der bereits geleisteten Arbeit Karas’ und des Europäischen Parlaments, sagte auch Lopatka, dass Europas Verkehr auf die Schienen verlegt werden soll. Hierfür müsse sich aber noch einiges ändern. Auch wenn er den Zug als komfortabelstes Fortbewegungsmittel sieht, müssen Verbindungen wie etwa die von Wien nach Brüssel schneller werden, um alltagstauglich zu sein. Das Vorhaben seiner Konkurrentin Schilling, jede Strecke von Wien nach Brüssel mit dem Zug zurückzulegen, belächelt er und hält es für schlicht unmöglich. Lopatka betonte, die europäische Bahn müsse sich besser organisieren: nicht nur den Verkehr selbst, sondern auch das Streiken. Womit er nicht nur auf die streikbedingten Zugausfälle auf deutscher Strecke, sondern auch auf den Slogan „Eine Gewerkschaft hält sich ihre Eisenbahn“ anspielte, der noch aus seiner Zeit als Staatssekretär stammt. Ob Angelo diese Aussage genauso sieht, ließ sie jedoch mit leichtem Schmunzeln offen.

Aber auch Angelo räumte ein, dass das Bahnnetz auf Europäischer Ebene ausgebaut und verbessert werden muss. Ziel wäre hier eine länderübergreifende Betriebssprache wie etwa beim Flugzeug.

Verbrenner, E-Mobilität und Gasausstieg

Für Lopatka steht fest: Die früher bestehende Begeisterung für Gas stellte sich als kollektiver Irrtum heraus. Es müssen nun Alternativen geschaffen werden und diese werden teurer. Einen baldigen Gasausstieg hält er für unwahrscheinlich. Angelo sieht den Bahnverkehr bereits an der Spitze der E-Mobilität. Für ausbaufähig hält sie vor allem die vielen Gebäude der ÖBB, die noch mit Gas geheizt werden. Auch hier müssen Alternativen geschaffen werden. Dabei würde sie sich Förderung aus der Politik wünschen, schließlich seien umweltfreundliche Fortbewegungsmittel und Unternehmen bei weiteren Vorhaben zu unterstützen. Das meinte auch Lopatka, reagierte aber auf die Frage des Moderators, ob sich seine Partei nicht gegen E-Mobilität stelle, abweisend, in seiner Wahlkampagne ginge es schließlich um Europa. Dass er aber für die ÖVP ins Rennen geht, deren Kanzler die Partei als Verbrenner-Partei bezeichnet hat, ignoriert er. Er hält die ÖVP für eine Technologie-offene Partei.

Die Tore, die man selber nicht schießt, kriegt man

Beim vorletzten Themenblock des Tages, der Bürokratisierung Europas, fällt von Seiten Angelos noch eine Fußballmetapher. Sie meint, Europa müsse pragmatischer werden: Bestimmte Regelungen auf einzelne Länder anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und von China und den USA nicht abgehängt zu werden. Auch Lopatka wäre für eine Entbürokratisierung, ganz nach dem Motto „weniger für Europa, dafür besser“. Er hält hier individuellere Berichterstattungspflichten für ausschlaggebend. 

Kürzung der Arbeitszeit ist ein zweischneidiges Schwert

Angelo sieht das Bedürfnis der Mitarbeitenden weniger in der Kürzung der Arbeitszeit, sondern vielmehr in der Flexibilität. Nach Corona ist das Bedürfnis nach anpassbaren Arbeitszeiten und der Möglichkeit auf Homeoffice gestiegen. Ein weiteres wichtiges Thema sei für sie mehr Frauen zu motivieren bei der ÖBB einzusteigen. Frauen sieht Lopatka als Hauptakteurinnen in der Lösung des Pflegekräftemangels. Seiner Meinung nach sei dieser zu beheben, indem Frauen, nach getanen Kinderbetreuungspflichten, wieder Vollzeit zu arbeiten beginnen, anstelle sich am Einkommen der Ehepartner auszuruhen. Das habe er mit einem Leiter eines Krankenhauses so besprochen. Eine Verkürzung der Arbeitszeiten hält er für wirtschaftlich äußerst schädlich. Sowohl Lopatka als auch Angelo sehen gezielte Migration als Lösungsansatz für den Mangel an Arbeitskräften. Diese könnten unter der Supervision von Fachkräften gezielt eingesetzt werden. 

Viele Fragen, wenig Zeit

Am Ende bleibt, wie bei Podiumsdiskussionen so oft, wenig Zeit für viele Fragen, schließlich müsse das Lokal nun schnell wieder für zahlende Gäste frei gemacht werden. Nach einem kurzen Andrang, rund um Karas und Co, verließen der Großteil der Zuhörenden das Café. So ging nach nur etwas mehr als einer Stunde, ein Abend zu Ende, der nur wenig Raum für Diskussionen ließ. 

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