Am 9. Juni fand ab 15:30 Uhr die Wahlparty der Grünen zur EU-Wahl statt. Schauplatz war zum wiederholten Mal die traditionelle Kabarettbühne „Metropol“ in Wien-Hernals, wo man bereits des Öfteren zum Ende einer Wahlkampfperiode gastierte. Bei Frühlingsrollen und Falafeln wurde gespannt dem Endergebnis entgegengefiebert.
Die Ausgangslage
Bei der vergangenen EU-Wahl im Jahr 2019 erzielten die Grünen 14 Prozent – in absoluten Zahlen etwas mehr als 532.000 Stimmen. Das ausgegebene Wahlziel von Spitzenkandidatin Lena Schilling belief sich auf 500.000 Stimmen – später am Abend wird man sehen, wie realistisch diese Einschätzung tatsächlich war. Sie selbst kam übrigens erst gegen Abend ins „Metropol“.
Die erste Hochrechnung
Gegen 17 Uhr war es dann so weit: die erste Trendprognose wurde veröffentlicht und zeigte die Grünen bei 10,5 Prozentpunkten. Auf viel Begeisterung stieß dieses vorläufige Ergebnis nicht, denn damit hätte man gegenüber 2019 deutlich eingebüßt. Im Anschluss trat kurz nach 17 Uhr Gesundheitsminister Johannes Rauch, unter nicht allzu großem Applaus – möglicherweise aufgrund der nun etwas getrübten Stimmung, auf die Bühne. Er zeigte sich jedoch relativ unbeeindruckt von der Hochrechnung und meinte, es sei bemerkenswert, dass sich trotzdem so viele für die Grünen entschieden haben, obwohl sie sich heuer schwergetan hätten. Die Partei werde sich nun in Brüssel für Klimaschutz und weiterhin gegen Rechts einsetzen. Schilling habe sich wacker gehalten und das Minus sei jetzt ein Ansporn für die kommende Nationalratswahl. Weiters betonte Rauch, es gelte nun den Zug der Rechten und Rechtsextremen zu stoppen. Grundsätzlich waren während der ersten Prognose noch nicht sehr viele Anhänger vor Ort – das Publikum gestaltete sich eher überschaubar.
Die Suche nach Erklärungen
Um kurz vor 19 Uhr trafen dann Umweltministerin Leonore Gewessler sowie Justizministerin Alma Zadic unter Beifall in der Hernalser Kabarettbühne ein. In Gesprächen mit den Besucherinnen und Besuchern vor Ort ließ sich immer wieder heraushören, dass das eher wenig erfreuliche Ergebnis vor allem auf eine schwierige Ausgangsposition der Grünen zurückzuführen sei. Denn beispielsweise mit dem aktuellen Krieg in Europa würden die Themen eher auf Sicherheit und dergleichen liegen als auf dem Umweltschutz. An den diversen Vorwürfen gegenüber Spitzenkandidatin Schilling, von denen der Wahlkampf auch Großteils geprägt war, liege es aber nicht.
Um ungefähr 19:15 Uhr kam es dann zu einem etwas kuriosen Ereignis. Die grüne Wahlparty im „Metropol“ wurde nämlich von fünf propalästinensischen Aktivistinnen und Aktivisten gestört. Sie stiegen mit Palästina-Fahnen auf die Bühne und hielten Zettel mit dem Schriftzug „Gaza-Völkermord“ hoch. Mehrmals ertönte der Spruch „Lena Schilling stop the killing“. Die Angesprochene war aber noch gar nicht vor Ort und somit verließ die Gruppe nach einiger Zeit freiwillig die Bühne und wurde friedlich nach draußen begleitet.
Noch einmal laut wurde es dann um kurz nach 21:30 Uhr. Lena Schilling traf unter tosendem Applaus im Hernalser Kabarettschauplatz ein, wo mittlerweile auch schon deutlich mehr los war. Anschließend betrat auch sie die Bühne und meinte, dass sich die letzten Wochen teilweise emotional und schwierig gestalteten. An die Grünen gerichtet betonte sie jedoch: „Ihr seid diejenigen, mit denen ich in Zukunft Seite an Seite stehen will, ihr seid unfuckingfassbar.“ Außerdem wolle sie mit ihnen gemeinsam kämpfen, fügte Schilling hinzu. Zeitgleich mit ihr stiegen auch der EU-Listenzweite Thomas Waitz, Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler sowie Klubchefin Sigi Maurer auf die Bühne. Waitz lobte die Listenerste: Sie und die Grünen hatten enormen Gegenwind, trotzdem ließ man sich nie unterkriegen. Schilling sei eine wunderbare Spitzenkandidatin. Auch Kogler schloss sich an: Zwar habe er Fehler in der Kommunikation bezüglich dem Fall Schilling gemacht, insgesamt sei man aber daran gewachsen und Schilling definitiv die richtige Entscheidung gewesen.
Zumindest einmal am Abend des 9. Juni kam noch Jubelstimmung auf, als das vorläufige Endergebnis inklusive Wahlkartenprognose bekanntgegeben wurde. Dabei stiegen die Grünen nämlich noch um 0,4 Prozentpunkte als gegenüber der Trendprognose und konnten sich somit den vierten Platz vor den NEOS sichern. Somit zogen zwei Abgeordnete – Lena Schilling und Thomas Waitz – ins EU-Parlament ein.