Am Samstag, dem 8. Juni fand zum 28. Mal die Regenbogenparade statt, an der rund 340.000 Menschen teilnahmen. Sowohl Aktivist*innen und die Zivilgesellschaft wie auch politische Parteien machten auf die (fehlenden) Rechte der LQBTIQ+ Community aufmerksam.
Doch nicht nur an diesem einen, für viele schon zum Feiertag gewordenen Tag, oder im Juni, dem Pride-Monat, sollten die Ungerechtigkeiten gegenüber der queeren Bevölkerung thematisiert werden. Laut Evelyn Regner von der SPÖ ist der Schutz der LGBTIQ+-Community eng verbunden mit der EU-Wahl am 9. Juni. „Jene, die Hass gegen die Community sähen, sind die, die an der Demokratie als solches rütteln.“ Die NEOS kritisierten das fehlende Verbot von sogenannten „Konversionstherapien“ (das ist eine umstrittene Methode der Psychotherapie, durch die Betroffene von ihrer Homosexualität „geheilt“ werden sollen) und die Grünen warnen, dass die Grund- und Menschenrechte der queeren Gemeinschaft durch einen zunehmenden Rechtsruck gefährdet sind.
Die Regenbogenparade
Alle drei dieser Parteien setzten mit ihrer Anwesenheit auf der Regenbogenparade ein wichtiges Zeichen der Unterstützung für die LGBTIQ+ Community. Mit verschiedenen Wägen und hohen politischen Figuren wie Andreas Babler und EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder von der SPÖ, Werner Kogler und Leonore Gewessler von den Grünen und Beate Meinl-Reisinger und der EU-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter von den NEOS wurden die entsprechenden Parteien vertreten und erregten viel Aufmerksamkeit. Auch die Europäische Union war dieses Jahr mittels eines großen Umzugswagens dabei und verbreitende unter dem Motto „Europa = Vielfalt“ mit Musik, EU-Luftballons und Süßigkeiten gute Stimmung. Die KPÖ war ebenfalls anwesend, jedoch nicht mit einem Wagen, sondern zu Fuß und auch nur spärlich besetzt. Zu einem Interview waren leider, aber aufgrund der hektischen und lauten Umgebung verständlicherweise, keine der präsenten Parteien bereit. Die meisten verwiesen auf das jeweilige Wahlprogramm.
Die Wahlprogramme
In ihren Partei- und Wahlprogrammen äußern sich fast alle Parteien, die zur EU-Wahl angetreten sind, zur LGBTIQ+-Community. Die SPÖ bekennt sich zum Beispiel offen zu der völligen Gleichstellung von allen Menschen, betont die Wichtigkeit von Antidiskriminierungsgesetzen und unterstützt einen erweiterten Familienbegriff, der über die heterosexuelle Kernfamilie hinausgeht. Auch gibt es die SOHO, eine Institution innerhalb der Partei, die sich als Sprachrohr, Interessenvertretung und Anlaufstelle für LGBTIQ+-Personen versteht.
Den Grünen ist es wichtig, dass sich jeder Mensch in Europa sicher fühlt und setzen sich deshalb für eine EU ein, die alle Menschen wirksam vor Diskriminierung schützt, unabhängig von Herkunft, Liebe, Geschlechtsidentität oder Glaube. Dies soll mithilfe eines umfassenden EU-Aktionsplans gegen Diskriminierung und Rassismus mit konkreten Maßnahmen verwirklicht werden.
Die NEOS schließt sich diesen Meinungen an und spricht sich auch offen für die Dringlichkeit weiterer Maßnahmen zur Unterstützung der queeren Community und vor allem gegen Konversionstherapien aus, wie sie in einer Pressekonferenz am 31. Mai noch einmal betonten.
Bei der KPÖ sieht es ähnlich aus und sie prononciert zusätzlich, dass Hassrede gegen die LGBTIQ+ Community genauer definiert werden muss, um Diskriminierung auch im Internet effektiver verfolgen zu können.
Andere Parteien, wie die FPÖ, geben ihre Werte durch Sätze wie „Wir bekennen uns zur Vorrangstellung der Ehe zwischen Mann und Frau als besondere Form des Schutzes des Kindeswohls.“ und „Ein eigenes Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Beziehungen lehnen wir ab.“ preis. Weiters nehmen viele Mitglieder der FPÖ am sogenannten „Stolzmonat“ teil, ein von rechten Parteien ins Leben gerufene Pendant zum Pride-Monat, in dem unter Posts, die etwas mit dem Thema Pride zu tun haben, Hasskommentare gespammed werden und wo dazu aufgerufen wird, auf sein Heimatland und deren Traditionen stolz zu sein.
Die junge Partei DNA hat sich zum Thema LGBTIQ+ noch nicht explizit geäußert. In ihrem Wahlprogramm wird nur der Stopp der Frühsexualisierung von Kindern und dem Gendern gefordert.
Die ÖVP hat sich in der Vergangenheit für die Ehe für alle ausgesprochen, jedoch gibt es innerhalb der Partei unterschiedliche Meinungen. Es wird in ihrem Wahlprogramm auch betont, dass starke intakte Familien wichtig für Europa sind und dass im Durchschnitt nur noch jeder vierte Haushalt in der EU Kinder hat – das solle geändert werden, indem der Wert der Familie gefördert wird.
Nach der Wahl – Was jetzt?
Laut mehreren Studien befindet sich Österreich im Bezug auf Gleichstellung und Nichtdiskriminierung von queeren Menschen zurzeit europaweit im mittleren Bereich. Anhand der Ergebnisse der Europawahl lässt sich jedoch feststellen, dass sowohl Österreich als auch andere europäische Länder wie Frankreich und Deutschland einen Rechtsruck erleben. Bekommen rechte Parteien auf europäischer Ebene mehr Macht, könnten sie einen Abbau der Errungenschaften für die LGBTIQ+ Community durchführen. Und wenn man die Wahlergebnisse der Europawahl auf die bundespolitische Ebene und die Nationalratswahl im Herbst bezieht und Österreich noch mehr nach rechts driftet, sind viele Gleichstellungsmaßnahmen in Gefahr. Wie das Ganze ausgehen wird und ob die neue Konstellation des Europaparlament Auswirkungen auf das Wohlergehen der LGBTIQ+ Community haben wird, bleibt noch offen.